Absurd existiert

Es ist nicht wichtig, was man sieht, sondern es ist wichtig, was man sich vorstellt. Der Film „Souls le sable“ von Francois Ozon in der Sektion Hommage zeigt ein Paar, eine Frau mit ihrem Mann, aus ihrer Perspektive. Plötzlich verschwindet der Mann und seine Frau sucht ihn.

Nach dem er verschwunden ist, kann sie ihn nicht vergessen. Die Frau schöpft für sich eine eigene, neue Welt. Sie lebt darin an der Grenze zwischen Realität und Illusion, in einer absurden Atomsphäre. Sie kann nicht akzeptieren, dass ihr Mann verschwunden ist. Sie verdrängt jeden Gedanken an Tod und denkt die ganze Zeit an das Leben. Wir sehen sie während einer Wohnungsbesichtigung. Mit dem Vermieter verabredet sie, dass sie die Wohnung nehmen möchte. Sie guckt aus einem der Wohungsfenster und sieht einen Friedhof. Sie ist aufgewühlt und sagt dem Vermieter plötzlich ab. Sie will die Wohnung nicht mehr haben.

Ihr Mann sucht auch ein anderes absurdes Leben. Vielleicht heißt es in diesem Fall: „Tod“. Eigentlich suchen beide ein absurdes Leben, aber in unterschiedlichen Rihtungen. Der Film zeigt dieses absurde Leben dadurch, dass sie in ihrer Einsamkeit ihren Mann als Erscheinung sieht. Sie lebt mit ihm. Sie hört seine Stimme. Sie spricht mit ihm, alles ihre Illusion. Ich denke, der Film wird mit der Illusion enden. Offenes Ende.

Text von mehradsepahnia

Kunst ist eine Art Widerstand

Der Film System K zeigt uns eine Stadt, die eine spezielle Stadt ist. Der Zustand der Stadt lässt die Zivilisation eines Landes beschreiben. Kinshasa ist weder eine moderne Stadt noch eine primitive Stadt. Obwohl viele Ressourcen in der Stadt existieren, hat Kinshasa weder Stromversorgung noch Trinkwasser. Es scheint, dass die Stadt zu einem anderen Planeten gehört.
Wenn wir anfangen über Kongos Geschichte zu recherchieren, merken wir, warum die Ressourcen kaum genutzt werden. Der Grund ist Politik; Politik ist dabei! Der Film zeigt, dass in Kinshasa viele Kunst-Performances live auf der Straße stattfinden. Die Künstler produzieren aus Müll neue Kunstwerke. Sie besetzen die Gegenstände mit neuer Orginalität, die eine Echtzeit haben, Walter Benjamin nennt es die Aura des Kunstwerks. Die Kunstwerke, die aus nicht mehr gebrauchten Gegenständen entstehen, haben eine eigene Aura: „Das Hier und Jetzt des Originals macht den Begriff seiner Echtzeit.“ (Benjamin, 1963: 11)
Urban Art besteht aus der Begegnung mit der Stadt, durch sie reflektieren die Künstler_innen, die Wahrheit dieser Begegnung in ihrer Kunst. Im Film wird gezeigt, dass die Presse nicht über die Stadt berichtet. Keine Nachrichten! Die Presse gegen die Stadt und die Künstler gegen die Presse. Hier spielt Politik eine Rolle.
Überlassen wir Martin Heidegger das Schlusswort: „Im Werk der Kunst hat sich die Wahrheit des Seienden ins Werk gesetzt.“ (Heidegger, 1950:21)

Quellen:
Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1963.
Martin Heidegger: Holzwege ( GA 5), Vittorio Klostermann GmbH, Frankfurt am Main 1950.

Text von mehradsepahnia

Das Schweigen Gottes

Sex ist ein Tabu, deswegen möchten die Menschen nicht darüber diskutieren. Hier stellt sich die Frage, können wir sexuellen Missbrauch Sex nennen? Missbrauch ist geheimnisvoll. Was passiert nach dem Missbrauch? Einerseits will man darüber reden, andererseits kann man es nicht tun. Der Film „Grâce à Dieu“ von François Ozon (Sektion Wettbewerb) stellt diese Frage.

Priester Bernhard Preyant hat mindestens 70 Kinder und Jugendliche zwischen 1986-1991 missbraucht. Die Opfer waren Kinder und nun sind sie Erwachsene. Sie möchten nach langer Zeit ihr Schweigen brechen. Damit beginnt eine neue Diskussion. Missbrauchte, die nicht darüber reden, sind die Opfer. In dem Moment, wo man darüber berichtet, versucht man nicht mehr Opfer sein. Der Priester versucht die Wahrheit mit Hilfe der Bibel nachzuweisen, und die anderen versuchen anhand von Gerichtsprozessen die Wahrheit zu zeigen. Was ist die Wahrheit? Die Wahrheit ist von Politik beeinflusst. Dieses Jahr hat die Berlinale das Motto „Das private ist politisch“. Während die Gerichtsprozessen von diese reale Prozesse immer noch offen ist, veröffentlicht François Ozon sein Film in Berlinale. Es ist also ein politische Akt.

„Alles hat seine bestimmte Zeit … Weinen hat seine Zeit, … Klagen hat seine Zeit, … Schweigen hat seine Zeit, und Reden hat seine Zeit.“ (Prediger 3,1.4.7)

Quelle: GLB-BK Elberfelder Übersetzung. in: Bibelkommentare.de, unter: https://www.bibelkommentare.de/bibel/elb_bk/prediger/3 (Abgerufen um 12.02.2019)

Text von mehradsepahnia